2014-10 TM-02 Ashgabat

Bild-1522Freitag, 31.10.2014
Wir sind fest entschlossen, das Maximale aus unserem Turkmenistan Aufenthalt heraus zu holen und steuern eine weitere Kuriosität an, den “Köw Ata Untergrund Thermalsee” (was für ein Wortungetüm). Der See liegt ca. 100 Kilometer westlich von der Hauptstadt Ashgabat. Nachdem man 40 Manat bezahlt hat, öffnen sich die Tore zur Unterwelt. Über viele unregelmäßige Betonstufen steigt man 55 Meter in einen großen Felsendom herab, der leidlich mit elektrischen Fackeln ausgeleuchtet ist (Umkleidekabinen befinden sich auf halber Strecke). Am See angekommen, hält man sich nicht weiter mit unnötigen Dingen (Duschen sind sowieso nicht vorhanden) und darf direkt in das trübe Wasser steigen. Auch nach Geschlechtern wird nicht getrennt. Das Wasser hat Körpertemperatur und riecht schwefelig. Über den Taubenkot und die Federn sollte man großzügig hinweg sehen. Leider ist nur der vordere Bereich für Schwimmer zugänglich. Wer sich hinter die Absperrung weiter in die Höhle hinein wagt, wird vom Bademeister schnell zurechtgewiesen. Die empfohlene Badezeit beträgt 20 Minuten. Auch darüber wacht der Herr der Unterwelt genauestens. „Dwazat minut!“ Das Schwimmen unter Tage können wir nun also von unserer Was-ich-schon-immer-mal-machen-wollte-Liste streichen.

Mitten zur Rush-hour sind wir dann in Ashgabat und schaffen es, uns auf einen winzig kleinen Parkplatz am zentralen Magtymguly-Park zu zwängen. Währenddessen bricht um uns herum der Verkehr komplett zusammen, und mindestens 20 Polizisten veranstalten ein Trillerpfeifenkonzert. Die Autofahrer steigen dazu vielstimmig mit ihren Hupen ein. So klingt also Ashgabat, die Hauptstadt von Turkmenistan.

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Wir verlassen das schräge Konzert vorzeitig und folgen dem subtilen Locken des (im Lonely Planet) gerühmten British Pubs. Von außen ist die Kneipe kaum als solche zu erkennen, abgeklebte Scheiben und ein kleines Logo auf der schalldichten Tür wirken wenig einladend. Aber als wir den dunklen, großen Raum betreten, stellen wir fest, dass eine Halloween Party in vollem Gange ist. Der Laden ist brechend voll; die Barmänner sehen aus wie die Opfer eines Kettensägenmassakers. Ein Drumset auf der Bühne verrät uns, dass später auch noch eine Band spielen wird. Da haben wir ja mal wieder den richtigen Riecher gehabt.

Allerdings müssen wir uns zum Essen mit einem zugigen Platz in der Nähe der Bar zufrieden geben. Alle Plätze sind nämlich ausnahmslos reserviert. Doch nun haben wir Zeit, uns etwas genauer umzusehen. Das Publikum besteht fast ausschließlich aus Businessleuten, die Herren in Anzügen und die Damen in kurzen, engen Kleidern und auf High-Heels. Das sind dann wohl die internationalen Experten, die in Ashgabat tätig sind, also Manager, Banker und Diplomaten (zum Teil wohl auch mit Escort-Damen). Das Nachtleben ist scheinbar sehr beschränkt, und so trifft man sich an diesem Hot-Spot. Bis unsere Pizza kommt, machen wir uns einen Spaß daraus zu mutmaßen, welchen Beschäftigungen die Damen und Herren wohl nachgehen. Der Langhaarige im Parka an der Bar gibt uns aber ein Rätsel auf. Ich tippe auf Reisender, Heppo auf Geheimdienst. Wenig später, bei einem gemeinsamen Bier an der Bar, stellt sich der Langhaarige als Peter und US-Amerikaner vor: Er arbeitet bei der US-Embassy, im Bereich Security… Vielsagendes Schweigen. Gar nicht schlecht getippt, Heppo. Auch sein junger Kollege, Nick aus New York Typ Comuternerd, arbeitet für die US-Botschaft, ebenfalls im Security(!) Sektor. Außerdem lernen wir noch den Manager einer Gasfirma kennen, Cesar aus Peru. Er besitzt außerdem eine Firma im Irak, ebenfalls in der Energiebranche.

Von ihm erfahren wir Interessantes über Turkmenistan, zum Beispiel,

  • dass es ein eigenes Pferdeministerium gibt und dass turkmenische Pferde nicht außer Landes verkauft werden dürfen.
  • Für schnelle, unverbindliche sexuelle Vergnügungen schließt man (natürlich nur als Mann) am besten eine Ehe auf Zeit ab. Mit den Worten „Haram, haram, haram“ wird die Ehe nach vollzogenem Akt für ungültig erklärt, und beide Parteien können ohne Gesichtsverlust und Gesetzesbruch auseinander gehen.
  • Für nur 10 Dollar kann man Rundflüge durch ganz Turkmenistan buchen.
  • Das Nachtleben in Ashgabat war vor dem amtierenden Präsidenten wohl sehr beeindruckend, doch nun endet es bereits um 23 Uhr!

Und tatsächlich, noch vor 11 Uhr gehen in der ganzen Kneipe die Lichter an. Hey, gerade eben wurde doch noch ausgelassen getanzt, und Bauchtänzerinnen haben die Stimmung angeheizt, und nun das??? Da hilft nichts! Bier austrinken – und nun bitte gehen.

Cesar würde uns noch zu gerne mit zu sich nach Hause nehmen, sein Fahrer stehe bereit, er habe erlesene Speisen und Getränke im Haus. Das klingt zwar sehr verlockend, doch morgen wartet der Iran auf uns. Da können wir uns keine durchzechte Nacht leisten…

Schade, denn ein tieferer Einblick in das Leben der internationalen Experten und Geheimdienstmitarbeiter von Ashgabat wäre schon interessant gewesen. Wer weiß, welche Abgründe sich da noch vor uns aufgetan hätten?

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