2014-12 OM-01 Wadis im Oman

Frohe Weihnachten, Ihr Lieben!Bild-4012

Zur Feier des Tages, gibt es nun auch endlich Fotos zu allen Iran Seiten  sowie die komplette Fotoserie zum Ausflug  Door to Hell in Turkmenistan. Einfach zurück blättern…

Freitag, 12.12.2014
Der Grenzübertritt in den Oman geht problemlos vonstatten. Die größte Schwierigkeit scheint nur unser Carnet de Passage darzustellen. Anscheinend weiß keiner so recht, wie er damit verfahren soll. Der Beamte muss erst mal in den Statuten nachlesen. Aber endlich ist auch das erledigt. Welcome to Oman!

Samstag, 13.12.2014
Wir fahren an der Küste gen Süden und suchen uns abends einen Stellplatz am Strand. Leider ist der Platz sehr vermüllt. Mehrmals schrecken wir an diesem Abend hoch, weil jemand an unser Fenster und an die Türe klopft. Aber jedes Mal, wenn wir öffnen und draußen nachsehen, ist niemand da. Geister?

Sonntag, 14.12.2014
Der Großteil des Tages wird dazu verwendet, einen Anruf nach Deutschland zu tätigen, denn meine Mama hat Geburtstag. Aber die moderne Technik ist einfach doch nicht so modern. Münztelefone gibt es schon lange nicht mehr, Skype wird hierzulande blockiert (immerhin: Chatten geht), und die angeblichen Billigvorwahlen haben eigentlich noch nie funktioniert. So gerät der Telefonanruf von Mobil auf Festnetz eher kurz. Schade, nun hatten wir schon lange keinen Telefon- oder Skypekontakt mehr nach Hause.

Wir wollen weiter in den Wadi Sathan – allein der Name ist doch schon toll, oder? Wadi nennt man im Oman übrigens ein temporär ausgetrocknetes Flussbett, das aber meist noch ein wenig Wasser mit sich führt und natürliche Pools bildet. Auf dem Weg dorthin kommen wir an einem Ort mit heißen Quellen vorbei, die kostenlos und öffentlich zugänglich sind. Schilder verkünden die Regeln, z.B.: “Do not wash with detergents.“ Es hält sich aber niemand daran. Unverhohlen waschen die Frauen am heiligen Ort ihre Schmutzwäsche mit Omo-Waschmittel. Wer seinen Körper reinigen will, muss (in abgetrennten Betonkabinen) in die fließende Brühe steigen. Bei den Männern ist es nicht viel besser. Heppo erzählt mir von vorbeischwimmenden Kaugummis und “Lungenheringen”. Brrr!Bild-3782

Auch der teuflische Wadi Sathan ist eine herbe Enttäuschung, denn er ist der omanischen Bauwut zum Opfer gefallen. Das schöne, weitläufige Tal mit Dattelhainen ist eine einzige staubige Baustelle. Hier wird gerade ein mehrspuriger Highway gebaut. In einer heißen Quelle wird der Bagger gewaschen. Was für ein Elend!

Wir folgen dem Off-Road Führer bergauf zu einem natürlichen Camping-Spot, und dieser ist nun wirklich so, wie beschrieben: Schön! Blick auf die umliegenden Berge, Bäume mit ziemlich fiesen Dornen (ob das der Dornbuschbaum ist, mit dem Jesus gekrönt wurde? – Den soll es hier nämlich geben…) und markante Felsen.

Bild-3698

Montag, 15.12.2014
Der Sonnenaufgang bringt die Bergwände rundum zum Leuchten, und wir freuen uns, dass wir schon so früh auf den Beinen sind.

Am Vormittag erreichen wir das Wadi Bani Awf. Wir finden ein enges und tiefes Flusstal vor und einen idyllischen Stellplatz  vor dem Eingang zum Little Snake Canyon. Wirsind auch ganz alleine hier. Na ja , fast… Ein gestresstes Urlaubspaar aus Thüringen wetzt an uns vorbei – schnell mal zu den natürlichen Swimming-Pools laufen.

Bild-3785

Kurz darauf fahren zwei Omanis im Allradfahrzeug vor. Einer davon ist mit einem Luftgewehr bewaffnet und ballert stupide auf die Tierwelt des Canyons los. Die Natur ist schon ziemlich furchteinflößend, oder? Man erträgt sie wohl nur, wenn man Lärm macht oder seine Mitkreaturen abmurkst. Echt zum Kotzen!

In den Little Snake Canyon kann man circa 500 Meter hinein laufen (zum Teil muss man waten und etwas klettern) und landet dann vor einem schattigen, länglichen Pool, den man durchschwimmen kann. Im Pool sind außer uns noch zwei lange, hellgraue Wasserschlangen. Wir hoffen, sie haben schon zu Mittag gegessen…

Bild-3820Am Abend bekommen wir noch einmal Besuch. Ein paar Jungs im Teenageralter bewundern unsern LKW und entdecken dabei meine Gitarre. Sie drängen uns, mit dem Instrument zum  nächstgelegenen Haus zu kommen. Dort wohnt ein halbblinder Hirte mit seinem Sohn. (Die Jugendlichen sind wohl Freunde des Halbwüchsigen). Ohne Umschweife werde ich aufgefordert, ein paar Lieder zum Besten zu geben. Mein Repertoire ist beschränkt, aber meine Version von Nenas „Irgendwie  – Irgendwo – Irgendwann“ ist nun auf einem omanischen Mobiltelefon für das digitale Zeitalter festgehalten. Auch Janis Joplins „Me and Bobby McGee“ kommt gut an. Dem Wunsch nach einem Michael-Jackson-Song kann ich aber leider nicht entsprechen. Der alte Mann revanchiert sich nun mit einem improvisierten Stück auf einer selbstgebauten Dattelgitarre, die einfacher nicht sein könnte. Die harte, trockene Rispe eines Palmenblattes wurde zu einem Steg mit einer Saite aufgespalten. Als Resonanzkörper dient ein von Steinen gestützter Topf. Die Töne werden mit einem weiteren Stück Dattelholz moduliert, und mit einem Holzstäbchen wird die Saite rhythmisch angeschlagen. Nicht schlecht! Wir bekommen Tee, Kekse und einen dünnen Kardamomkaffee gereicht und dürfen auch nach einer guten Stunde wieder nach Hause gehen. Unkomplizierte Gastfreundschaft und eine Einladung zum Musik machen. Das gefällt uns.Bild-3885

Dienstag, 16.12.2014
Faul sein. Ich fange an mir ein Kleid zu nähen, und Heppo liest schon das dritte Buch.

Mittwoch, 17.12.2014
Und weil es so schön ist, sind wir schon wieder faul. Es kommen zwei junge Engländer von der andern Seite des Canyons durch den Pool geschwommen. Wir plaudern ein Stündchen mit ihnen und fläzen uns dann wieder in die Sonne. Das Wetter ist übrigens herrlich: Circa 25 Grad und Sonnenschein.

Selbst die Himmelskörper scheinen sich dem süßen Nichtstun hinzugeben. Der Mond liegt wie ein blasses, dünnes Käferlein am Rücken und streckt die kümmerlichen Beinchen in die Luft. Und selbst Orion, mein Lieblingskrieger am winterlichen Firmament, hält ein ausgedehntes Nickerchen.

Donnerstag, 18.12.2014
Im großen Snake Canyon kann man herrlich durch ein Felsenlabyrinth klettern, durch Pools waten oder schwimmen. Ganz hinten im schattigen und engen Teil des Canyons wird es dann auch richtig anspruchsvoll: Schwimmen, tauchen, klettern und springen im eiskalten Wasser. Nichts für mich!  Heppo wagt sich noch ein Stück hinein, kehrt aber ernüchtert um, als er nur wenige Zentimeter neben eine Viper greift. Glück gehabt! Bis man aus dem Canyon, der seinem Namen offensichtlich alle Ehre macht, wieder herausgekraxelt ist, vergehen sicherlich zwei Stunden. Dann ist man erst mal in dem ziemlich kleinen Kaff Az Zammah. Ob es hier ein Anti-Schlangen-Serum gäbe?

Freitag, 19.12.2014
Komisch. Bis vor kurzem hat die Arabische Halbinsel (und somit auch der Oman) so gut wie gar nicht in meiner inneren Geographie existiert. Dabei ist es so schön hier…

Der Oman war übrigens bis in die 70er Jahre des 20.Jahrhunderts ein ziemlich rückständiges Land. Es gab nur ein einziges Krankenhaus mit wenigen Betten, nur ein paar hundert Kilometer Teerstraße und kaum Schulbildung. Der heutige – übrigens sehr beliebte – König brachte das Land innerhalb weniger Jahrzehnte auf Vordermann. Nun gibt es überall feine, neue Straßen, Englisch sprechende Omanis und auch eine halbwegs gute medizinische Versorgung. Der omanische König weilt übrigens schon seit längerer Zeit in Deutschland – aus Gesundheitsgründen, wie wir erfahren haben.

Bild-3911

Samstag, 20.12.2014
Das Wadi Al Adyad ist ein breites kiesiges Flussbett, das zu problemlosen Spaziergängen einlädt. Wir haben vor, drei oder vier Stunden zur anderen Seite zum Dorf Al Adyad zu wandern. Es wäre wunderschön hier, wenn – ja, wenn nicht alle 15 Minuten irgendein Wochenendausflügler mit seinem All-Rad-Fahrzeug durch den Fluss pflügen würde. Die Wochenend-Picknick-Familien wollen wirklich keinen Meter zu Fuß gehen. Und wo sie anhalten, hinterlassen sie eine Spur der Verwüstung, nämlich einen riesigen Berg Müll: Plastikgeschirr, Alu, Dosen und vollgekackte Babywindeln.

Oft lächle ich nur müde, wenn mein Freund wieder und wieder anfängt, die Dummheit der Menschen zu verfluchen, wenn er vor sich hin “nostradamust” und “mühlhiaslt”. Aber diesmal stimme ich lauthals in seinen Kassandragesang mit ein: Die Welt ist fertig. Sie ist am Arsch. Und wir sind die Arschgeigen. Mit unserem Konsumwahn, mit unserer grenzenlosen Gier, mit unserem Egoismus und unserem mangelnden Vorstellungsvermögen werden wir es sicherlich schaffen, unseren Heimatplaneten in wenigen Jahrzehnten komplett zu ruinieren. Ach was, wir sind ja schon mittendrin. Das alles ist kein Horror-Zukunfts-Szenario von irgendwelchen Ökofreaks mehr. Es ist die grausame Wirklichkeit. Aufwachen! Kein anderes Tier auf diesem Planeten ist so dreist, so dumm und so dreckig wie der Mensch, auch wenn unsere Selbstwahrnehmung immer eine andere sein wird. Die Omanis sind da nicht besser oder schlechter als alle anderen. Fast überall, wo wir bisher waren, hinterlässt der Homo Sapiens (das ich nicht lache!) eine Riesenschweinerei. Wir regen uns wahnsinnig auf. Merkt man vielleicht, oder?

Gut, dass der Mensch offensichtlich auch faul und bequem ist. So finden wir dann doch noch einen einsamen Ort. Dort wo die Jeeps und Landrover nicht mehr hinfahren können, ist es plötzlich wunderbar ruhig und sauber. Wir finden einen schönen, tiefen Pool, der zum Schwimmen einlädt. Fast wie im Paradies ist es hier…

Sonntag, 21.12.2014
Zu unserem Pool kommt auch heute wieder keine Sau.

Montag, 22.12.2014
Wir entdecken ein Wadi, das in keinem Reiseführer beschrieben ist, und sind folglich ganz alleine. Unter fast jedem Stein lauert ein Skorpion…

Weiter lesen: As Sawadi Strand, Oman
Und das war vorher: Bürokratiewahnsinn & Einreise in die V.A.E.

2 Gedanken zu „2014-12 OM-01 Wadis im Oman

  1. Karin

    Was für ein schönes Weihnachtsgeschenk!

    Danke für die wunderbaren Fotos, die jetzt eure letzten Reiseberichte perfekt ergänzen ( Turkmenistan, Iran, etc.) und die herzerfrischenden Schilderungen eurer Abenteuer. Wir müssen einfach immer wieder lachen, wenn wir deine Zeilen lesen. Und es packt einen das Fernweh, echt wahr…

    Frohe Weihnachten, ihr ‘Rumtreiber – “missing you” –
    und weiterhin alles Liebe und Gute!
    Karin und Uli

    1. admin_brit Beitragsautor

      Ihr Lieben!
      Vermisse Euch auch so.
      Denke sehr an Euch.
      Virtueller Kutscher von Eurer Tochter
      Frohes Fest und Gruß vom Strand
      PS: Die Menschheit ist verrückt. Heute ist ungefähr alle Viertelstunde nur 50-80 Meter von uns entfernt ein Helikopter gelandet. Militärübung für Fallschirmspringer. Circa 20 Mal! Unser Flugabwehrhund ist nun komplett desensibilisiert. Nun ist es ruhig…fragt sich nur wie lange…

Kommentare sind geschlossen.