2015-02 _IR-02 Die Hadschas von Esfahan


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Freitag, 13.02.2015
Am frühen Abend kommen wir im kalten und regnerischen Esfahan an. Wir werden von Ali und seiner Tochter Awa zu seinem Haus eskortiert. Dort warten bereits seine Frau Elham und sein Papa Hossein auf uns – wir hatten ja versprochen, bei unserer Rückkehr noch einmal vorbeizukommen (siehe Esfahan November 2014). Die Wiedersehensfreude ist groß. Wir vermissen allerdings Schuko und Gazhoile. Die beiden kämen morgen früh (via Shiraz) direkt aus Saudi Arabien zurück. Mutter und Tochter hätten eine erfolgreiche Pilgerfahrt nach Mekka hinter sich und dürften sich ab sofort „Hadschas“ nennen. Zu ihren Ehren findet daher eine Feier statt. Wir sind natürlich eingeladen. Wir sollen beim Empfangskommitée morgen um 8.00 Uhr dabei sein.

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Samstag, 14.02.2015

Heute beginnt einer der längsten Tage meines Lebens…
Gegen neun Uhr morgens tauchen wir mit Ali, Elham, Awa bei Hossein auf. Das Haus ist festlich mit Willkommensbannern geschmückt. Auf einem kleinen Tisch stehen Blumen, Süßigkeiten und ein Spiegel, vor dem der heilige Koran liegt. Die Hadschas – noch in wallende Gewänder gehüllt (Schuko in weiß, Gazoileh in schwarz) – freuen sich sehr, uns zu sehen. Begeistert erzählen sie von Medina und Mekka, aber auch von den eingebildeten Saudis und den fülligen, verschleierten Araberinnen. Auch dass sie lügen mussten, um Zugang zu allen heiligen Stätten zu erlangen, verschweigen sie nicht. Sie haben sich als Spanierinnen ausgeben müssen, da Iranern an einigen Orten der Zutritt verweigert wird (Anmerkung: Ich nehme an, das hat etwas mit dem Streit zwischen Schiiten und Sunniten zu tun).

_MG_6985Als ein Schaf durch das Wohnzimmer zum kleinen Hinterhof getragen wird, schwant uns Böses. Als dann noch ein Fremder mit einem langen, scharfen Messer erscheint, wird uns klar: Hier wird gleich geopfert. Wir werden dazugebeten, als Schuko und Gazoileh über das noch blutende und zuckende Tier steigen müssen. Keine halbe Stunde später übergibt der Fleischer die kochfertig portionierten Hammelstücke der Familie. Alsdann verschwindet er diskret mit einem großen, brauen Plastikbeutel, der die Überreste des Tieres enthält.

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Danach müssen die Männer in die Arbeit. Auch Heppo macht sich mit Ali und Hossein auf zum Lastwagenviertel Amir Kabir. Ein Ölwechsel steht an. Ich soll bei den Frauen bleiben. Kaum sind die Männer aus dem Haus, geht es los. Ich bin wieder mal erstaunt, wie freizügig hier auch vor den Kindern intimste Themen besprochen werden. Da käme ich ja nie darauf, mit meiner Mama und mit meiner Schwiegermutter eventuelle Eheprobleme zu diskutieren. Hier ist das aber anscheinend völlig normal. Zwischenzeitlich kommen immer wieder Gäste vorbei (zumeist Frauen), um den Pilgerinnen ihre Ehre zu erweisen. Die Besucherinnen sitzen brav und bekopftucht vor Beistelltischchen voller Obst und Süßigkeiten. Sie werden erst etwas lockerer, als das Lieblingsthema Sex hervorgekramt wird. Die circa 40-jährige Leila gefällt mir gut. Die Geschiedene verdient ihr eigenes Geld durch Kaffeesatz- und Kartenlesen. Außerdem hat sie einen Freund. Dieser hat zwar kein Geld, sieht dafür aber gut aus und weiß Leila zu beglücken, was ihr wiederum gefällt. Sie verteidigt ihren Lover tapfer gegen alle Anfeindungen.

Die beiden Kinder langweilen sich tödlich. Die fünfjährige Ilka spielt schon seit Stunden „Cosmetic Studio“ am Handy. Awa guckt ebenfalls starr in ihren Tablet-Computer und kleidet „Cheerleader“ ein. Die realen anwesenden Damen ziehen sich bereits zum dritten Mal um und tragen wiederholt Lippenstift auf.

Auch mir wird die Zeit lang – es ist bereits Nachmittag – und meine Blasenentzündung quält mich. Wann wird endlich das Schaf zubereitet? Nichts passiert. Stattdessen bestellt man Kebab und Hühnchen vom Take-Away. Das Schaf verschwindet in der Tiefkühltruhe oder wird den Gästen portionsweise mitgegeben…

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Ich sehe vor meinem inneren Auge einen Tiger, der in einem Käfig auf und ab wandert. So lange in einer überheizten Wohnung zu sein, bin ich einfach nicht mehr gewohnt. Ich fühle mich eingesperrt.

Eine kleine Auflockerung bringen die Hennatattoos, mit denen Gazoileh liebevoll alle Anwesenden verziert.

Als Heppo am Abend endlich mit den Männern zurückkommt, bin ich wirklich komplett „gebrainwasht“ vom Anziehen der Cheerleader  und Schminken der Püppchen.  Doch die Familienfeier ist noch immer nicht vorbei. Weitere Gäste werden empfangen. Gerade als ich mich in mein Schicksal ergebe, gibt Ali das Signal zum Aufbrechen. Awa muss schließlich morgen zur Schule. Gott segne die Schulpflicht!

Sonntag, 15.02.2014
Nach dem Frühstück verabschieden wir uns schnell von Elham und Ali. Ali hat Tränen in den Augen, als er uns ein letztes Mal zuwinkt. Nun habe ich ein schlechtes Gewissen: Die Familie ist so nett, und ich bin so undankbar, konnte gestern diesen wichtigen Tag gar nicht wertschätzen. Ich fühle mich mies. Aber mit Heppo diskutiere ich noch lange über die Familienzwänge im Iran. Und was uns partout nicht eingehen will: Warum haben die gelangweilten Hausfrauen das geopferte Schaf nicht zubereitet?_MG_6953

Meine Blasenentzündung ist mittlerweile so schmerzhaft, dass ich in der nächsten Kleinstadt zum Roten Halbmond gehe (das ist das Pendant zum Roten Kreuz). Ich brauche dringend ein Antibiotikum. Der englisch sprechende Arzt möchte mir nicht einfach irgendetwas verschreiben und drängt mich zu einem Schnelltest. Innerhalb von zwanzig Minuten ist meine Urinprobe ausgewertet, und ich darf sogar im Labor durch das Mikroskop gucken. Der bärtige Laborleiter versucht mich in ein Gespräch über Charlie Hebdo zu verwickeln, aber ich wiegle ab: „That’s not a very good subject for small talk!“ Nach einer halben Stunde bin ich mit Penicillin versorgt, und wir sind wieder auf der Landstraße unterwegs. Der ganze Krankenhausbesuch hat mit Arztgespräch, Labortest und Medikamenten nur knapp vier Euro gekostet.

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Und das war vorher: Einreise Bander Lengeh, Iran