2015-03 TR-01Türkei

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Dienstag, 03.03.2015
Kurze Unterbrechung im Erzählfluss, denn wir feiern ein Reisejubiläum: Heute – vor genau einem Jahr – sind wir von Regensburg in Richtung Linz aufgebrochen. Und jetzt ist unsere Reise fast schon wieder zu Ende. In einem Monat müssen wir zu Hause sein. An dieser Stelle könnte ich nun die große Statistik aufrollen und irgendwas schreiben von über 25 besuchten Ländern (so um den Dreh) und über 30.000 gefahrenen Kilometern (wir wissen es auch nicht genau, denn eine Weile streikte der Tacho), aber ich bin ein schlechter Buchhalter.

Auch ein tolles Reisefazit kann ich leider nicht präsentieren. Es scheint, wenn man große Erkenntnisse sucht, findet man statt der einen allumfassenden Antwort nur viele neue Fragen. Wir haben nur an der Oberfläche gekratzt. Was wissen wir wirklich von Kasachstan, Kirgistan, Usbekistan und dem Iran? Nichts. Es bleiben die Erinnerungen an nette und gastfreundliche Menschen überall: Dank an  Haledin und Familie (Russland), Boris und Familie (Kasachstan), Hossein und Familie (Iran) und all die anderen, die uns so offen aufgenommen haben. Wir sind sehr froh, euch getroffen zu haben.

Was bleibt noch? All diese Länder, die vorher so unendlich weit und fern waren, sind uns nun ein Stück weit vertrauter.
Wir werden in Zukunft bei Zeitungsmeldungen über Tadschikistan ein Bild vor Augen haben und wissen, wo dieses Land auf der Landkarte zu finden ist.
Wir werden nie wieder den Iran mit dem Irak verwechseln.
Wir wissen nun auch, dass Islam nicht gleich Islam ist, dass es Schiiten und Sunniten gibt und auch Muslime (z.B. in Kasachstan und Kirgistan), die Schnaps trinken, Schweinefleisch essen und Allah einen guten Mann sein lassen.

Es bleibt auch folgendes Bild: Die Welt ist in einem desolaten Zustand, und wir Menschen sind daran schuld (Müll und Umweltzerstörung). Es gibt nicht viel Hoffnung für unseren Planeten…

Und nun: Ein kleiner Anflug von Traurigkeit. Eine Zeitreise haben wir gemacht. Gerade noch am Anfang, nun schon wieder fast am Ende. Zeit, wo bist Du hin?
Knödel im Hals… Schweigeminute…
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Doch nun, weiter im Text: Der Grenzübertritt in die Türkei geht relativ problemlos vonstatten. Wir müssen zwar durch den Röntgenapparat fahren, aber das ganze Prozedere dauert trotzdem keine halbe Stunde. Bis zu drei Monaten dürfen wir und unser Fahrzeug im Land bleiben. Schade, dass wir die Zeit nicht ausnutzen können._MG_8126

Die Straße, die direkt am Schwarzen Meer entlang führt, sieht aus wie eine deutsche Autobahn. Wenn das so bleibt, kommen wir zügig voran. Auch sonst überrascht uns die Türkei sehr. Irgendwie hatten wir uns verschlafene Dörfer vorgestellt und alte Damen in Pumphosen. Doch das Land präsentiert sich uns modern und weltoffen. An der Küste reiht sich Großstadt an Großstadt und Wohnblock an Wohnblock. Die Menschen präsentieren sich in ihrer bunten Vielfalt. Da gibt es Mädchen in Miniröcken und Herren, die ihren Hund an der Leine spazieren führen. Es gibt die Kopftuch-Frauen und die Turban tragenden Hadschis. Der Muezzin singt sein Lied, und aus den schicken Jeans-Läden tönt die neueste elektronische Tanzmusik._MG_8136

Mittwoch, 04.03.2015
Wir sind begeistert von den tollen Restaurant, Fast-Food-Buden und Gemüseständen in Trabzon. Man sieht sofort, die Türken verstehen etwas vom Essen. Meistens kann man direkt in die Küchen sehen. Hier wird mit Begeisterung und Hingabe gekocht, gebrutzelt und der Dönerspieß gedreht. Schade, dass wir kein Fleisch essen.

Obst und Gemüse ist zu großen Pyramiden aufgeschlichtet. Jede Frucht wurde zuvor auf Hochglanz poliert. Es gibt Geschäfte, die sich nur auf Honig und Süßigkeiten spezialisiert haben, Tee- und Kaffee-Läden. Zu unserer Freude entdecken wir einen Feinkost mit unzähligen Käsesorten. Auch das Brot aus Trabzon verdient es, endlich wieder Brot genannt zu werden. Nach Monaten der kulinarischen Wüstenei fühlen wir uns wie im Schlaraffenland. In meinem Freudentaumel lasse ich mich zu folgender Bemerkung hinreißen: „Die Türken sind wahrhaftig die Franzosen Asiens!!!“

Donnerstag, 05.03.2015
Was uns traurig macht: Viele Müllhalden befinden sich direkt an der Schwarzmeerküste. Auch ist es uns unverständlich, warum man den Highway direkt am Meer gebaut hat. Die Meeresanrainer haben oft nicht einmal Zugang zum Strand oder zur Promenade.

Was uns glücklich macht: Auch in der Türkei gibt es viele Straßenhunde, aber es hat den Anschein, dass man sich hier um die Tiere kümmert. Alle wurden kastriert oder sterilisiert (ersichtlich an einem grünen Knopf am Ohr). Es geht also auch anders als in Gyumri, Armenien!

Freitag, 06.03.2015
In Bolu gehen wir zum Bummeln, Gözleme essen (leckere Teigtasche mit Spinat, Auberginen oder Hackfleischfüllung – aber sehr, sehr fettig) und in das 8D (!)-Kino. Das sehr kleine Kino spielt animierte 3-D Filme auf Wunsch ab. Mit einer 3D-Brille ausgestattet ist man bereit für die Tauchfahrt zum Riff der Haie. Die Sitze wackeln und Wasser dringt in das U-Boot. Wir werden nass gespritzt. Eine Monster-Muräne reißt direkt vor unseren Augen ihr Maul auf. Hilfe! Nach knapp einer halben Minute muss ich bereits die Augen schließen, so schlecht ist mir von der wilden Fahrt. Hoffentlich ist es bald vorbei. Zum Glück  dauert das zweifelhafte Vergnügen nur ein paar Minuten. Auch Heppo ist danach etwas grün im Gesicht. Geschieht ihm recht, es war seine Idee, diesen Unsinn mitzumachen.

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Samstag, 07.03.2015
Die Straßen sind zwar immer noch sehr gut, aber dieser Abschnitt der Strecke führt durch die Berge. Das Verkehrsaufkommen ist ziemlich hoch. Und seit fast vier Wochen fahren wir und fahren wir und fahren wir… ohne große Pausen. Bei einer Durchschnittsgeschwindkeit von 29 km/h (auf der gesamten Reise) sind für uns 300 Kilometer pro Tag eine ordentliche Tagesetappe. Bei bergigem Gelände oder schlechten Straßen schaffen wir auch mal nur die Hälfte. Langsam strengt uns das Fahren ziemlich an.

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Im sehr touristischen,aber malerischen Dorf Gölyazi treffen wir die Franzosen Susanne und Gregoire, die mit ihrer einjährigen Tochter Nina unterwegs in die Mongolei sind. Wir verbringen einen netten Abend in ihrem Renault-Bus und laden die drei im Gegenzug für den nächsten Tag zum Frühstück zu uns ein._MG_8205

Sonntag, 08.03.2015
Der Morgen mit den Franzosen erinnert mich daran, dass ich es vermisse, mit meinen Freunden zu frühstücken, zu brunchen oder gemeinsam zu Abend zu essen. Aber bald sind wir ja wieder daheim …

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Weiter lesen: Die Krise, Griechenland
Und das war vorher: Batumi, Georgien

2 Gedanken zu „2015-03 TR-01Türkei

  1. Uli und Mairanne

    Ihr Lieben,
    so ein schönes Resüme – aber, kein Wort über deutsche Mitreisende, die man doch auch hin und wieder getroffen hat!! Also, das hol ich jetzt nach; …. und erwähnenswert auch die gelegentlichen Kontakte zu anderen Reisenden, die auch unterwegs sind, auf der Suche nach der großen weiten Welt. ( oder so ) , und denen man sich dann unabhängig von Herkunft und Alter ganz nahe fühlt und ein paar Stunden, Tage gemeinsam verbringt.
    Wir haben euch gerne getroffen
    Uli und Marianne kurz vor Konya,Türkei

    1. admin_brit Beitragsautor

      Aber natürlich, Asche auf mein Haupt! Supergute Menschen haben wir getroffen und lieb gewonnen 🙂 Wir bleiben in Kontakt…

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