2014-11 IR-06 Esfahan


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Amir Kabir Esfahan

Amir Kabir Esfahan

Mittwoch, 19.11.2014
Dank neuer Technik und Kooordinaten navigieren wir mitten durch Esfahan, ohne ins Schwitzen zu geraten. Im Schrauberviertel Amir Kabir erwarten wir, eine Mercedes Werkstatt mit Campingmöglichkeit vorzufinden. Leider gibt es diesen komfortablen Platz nicht mehr. Die MB Werkstatt ist umgezogen, keiner weiß genau, wohin. Egal, auch so sind wir im Teileparadies gelandet. Außerdem haben wir die Idee, uns einen größeren Tank anbauen zu lassen. Diesel ist im Iran unglaublich günstig (ca. 6-10 Eurocent pro Liter), weil er staatlich subventioniert wird. Benzin ist nicht ganz so billig und liegt bei ca. 70 Eurocent pro Liter.

Für unser “siffendes” Lenkgetriebe finden wir den Spezialisten Hossein, der in der dritten Generation in diesem Metier arbeitet. Der Hinterhof, in dem wir parken, ist zwar alles andere als einladend, aber mittlerweile haben wir bereits einige Werkstatterfahrung. So leicht kann uns also nichts mehr schockieren.

Donnerstag, 20.11.2014
Wir hätten es uns ja denken können: Hossein und sein Sohn Ali fühlen sich nun besonders verantwortlich für uns. Mittags beginnt das muslimische Wochenende. Das quirlige Viertel verfällt schlagartig in einen Dornröschenschlaf.

Das bedeutet für uns: Wir werden zu Ali und seiner hübschen Frau Elham gefahren, dort vor dem Fernseher geparkt und mit Take-away-Essen aus dem Restaurant vollgestopft – Hühnchen, Kebab, Salate und Reis. Danach gibt es eine schaurige Nachspeise (Kaschkor oder so), aus Joghurt, Safran, Zucker und Schafsfleisch oder -blut. Die gelbe Masse zieht lange zähe Fäden. Ich weigere mich, diesen Pudding des Grauens zu essen, was alle sehr amüsant finden.

Am Nachmittag werden Englisch sprechende Freunde dazu geladen, die für uns persische Gedichte rezitieren und Lieder singen. Die Familienmitglieder sind Anhänger einer Suffigemeinschaft. Mir schwirrt der Kopf vom vielen Englisch, Farsi und den ausgetauschten Höflichkeiten. Ständig wird beteuert, wie sehr man uns liebe (!) und was für besonders sympathische Menschen wir seien. Wir geben die Komplimente natürlich großzügig zurück. Auch die Frage aller Fragen bleibt nicht aus: „What’s your idea (komische Formulierung, die man aber überall hört) about Iran and Iranian people? Mit unserer wohlüberlegten und preisenden Antwort würden wir jederzeit die Aufnahmeprüfung an einer Diplomatenschule bestehen.

Am Abend unternehmen wir einen Familienausflug zu den bekannten Brücken Si-o Se Pol (33 Brücke) und Pol Chubi (Brücke Holz). Ich werde dazu genötigt, mit Alis siebenjähriger Tochter Ava und seiner Schwester Ghazaleh Hand in Hand zu flanieren. Jung und Alt sind hier, um die Rückkehr des Flusses zu feiern. Der breite Fluss war für eine sehr lange Zeit ausgetrocknet. Erst vor kurzem kam das Wasser wieder zurück.

Danach gibt es Pizza für alle. Natürlich kommen wir nicht dazu, unser Essen selbst zu bezahlen oder gar die Familie einzuladen. Auch das Programm für morgen ist bereits im Detail ausgearbeitet. Da gibt es keine Diskussion: Wir sind fester Bestandteil der Planung.

Übrigens hab ich jetzt eine iranische Mama Schuko, den dazugehörigen Papa Hossein, Bruder Ali und eine Schwester namens Ghazaleh.

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Freitag, 21.11.2014
Um zehn Uhr holt uns meine neue Schwester zum Sight-Seeing ab. Die blondierte 26jährige ist ebenfalls Grafik-Designerin. Aber damit sind unsere Ähnlichkeiten auch schon erschöpft. Die sexy gekleidete, junge Dame spricht vorzugsweise mit Babystimme über die bösen Boys, Fashion, Cosmetics und Shopping. So fällt unser Kultur-Besuch am Meydan, der Hauptsehenswürdigkeit von Esfahan eher kurz aus. Nachdem ihr schnauzbärtiger Bekannter Baynard (?) zu uns gestoßen ist, verbringen wir den Vormittag in einem Shisha-Café (Shisha heißt hier eigentlich Gahlian), das in einem vollgestellten Trödelladen untergebracht ist. Freitag ist sowieso nicht die ideale Besuchszeit für den berühmten Platz; die Moschee ist wegen der Gebete geschlossen und auch der Bazar hat zu. Heppo und ich werden noch mal zu zweit herkommen müssen, um uns alles in Ruhe anzusehen. Immerhin besuchen wir eines der vier Hauptgebäude am Platz, Ali Qapu. Die Besonderheiten des Herrschersitzes sind ein mit Fresken geschmückter Thronsaal und ein Musikzimmer mit guter Akustik, dessen Decke aus vielen fein gearbeiteten Stuckelementen in Vasenform besteht. Das alles ist wahnsinnig schön, und wir sind wieder einmal begeistert von der unglaublichen Handwerkskunst.

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Dann ist es schon wieder Mittagszeit, und wir treffen uns etwas außerhalb der Stadt im schicken Garten der Familie. Sidi darf übrigens mit – kein Problem. Wir lernen nun auch noch Schukos Schwester Narghes, den Bruder Reeza mit Frau und Töchtern, sowie weitere Freunde der Familie kennen. Sie alle stehen am Eingang Spalier, um uns zu empfangen. Der Garten ist sehr schön und im Sommer sicherlich eine wahre Oase. Es gibt einen verglasten Ferienbungalow, einen Swimmingpool, Pavillons, eine Außenküche, verschiedene überdachte Feuerstellen und ein paar Granatapfelbäume. Hossein hat Safranreis und Hühnchen gekocht. Bei der lebhaft-lauten Unterhaltung während des Essens stehen wir im Mittelpunkt und müssen Konversation machen. Nach dem Essen rauchen die Erwachsenen Shisha, und die Kinder spielen Ball. Ich gebe einen kleinen Jonglierworkshop, und circa eine Stunde üben alle sehr eifrig das Jonglieren mit Steinen oder Papierkügelchen. Dann wird das Auto im Hof geparkt und die Musik auf Anschlag aufgedreht. Es läuft iranischer Pop, und schon wird getanzt. Reezas 14 jährige Tochter (Typ Amy Winehouse) ist eine hervorragende HipHop-Tänzerin. Sie wackelt verführerisch mit Po und Brüsten und schüttelt das lange schwarze Haar. Auch Ava, Ghazaleh, Schuko und Narghes schwingen das Tanzbein. Sogar Ali führt nach Aufforderung einen orientalischen Tanz vor. Die Stimmung ist ausgelassen. Nach Einbruch der Dunkelheit versammelt man sich, nach Geschlechtern getrennt, um das Feuer. Hier werden heiße Themen diskutiert. Von dem, was ich hier zu hören bekomme, fallen mir fast die Ohren ab, und meine Wangen glühen. Bei den Frauengesprächen geht es ziemlich zur Sache. Uiuiuiui, die armen Männer…

Bild-3309Samstag, 22.11.2014
Soll ich mal mitprotokollieren, was wir (nur heute) alles an Essen und anderen Dingen geschenkt bekommen? Das glaubt einem sonst nämlich niemand.

In der Werkstatt:

  • Zum Frühstück fertig gebratene Spiegeleier, Brot und eine halbe Paprika vom Werkstatt-Wächter.
  • Zum zweiten Frühstück Tee mit Zucker und die traditionelle Spinat-Bohnen-Linsen Nudelsuppe namens Aschereschte, ebenfalls vom Werkstatt-Wächter
  • eine Schachtel Pralinen von irgendjemandem
  • noch mehr Tee
  • eine Walnuss
  • Kekse und Kaffee.

Ob der ganzen Fürsorge fühlen wir uns langsam etwas gegängelt. Das ist dann wohl die bekannte iranische Höflichkeit. Aber ich habe eine neue Taktik entwickelt. Ich schieße einfach mit gleicher Munition zurück: Ich kontere mit einem selbst gekochten russischen Eintopf. Harharhar!

Die Aufzählung ist übrigens noch nicht fertig. Hier geht es weiter:

Bei Hossein Zuhause zum Abschiedsessen:

  • Ein komplettes Abendessen
  • 8 Paar (!) selbstgestrickte Hausschuhsocken von Schuko
  • 1 Flickenteppich von Ghazaleh
  • 2 bedruckte Stoffdeckchen (Souvenir aus Esfahan) von Monir, der Schwägerin von Schuko
  • Als Wegzehrung: Mixed Pickles, 2 Packungen Zuckerware aus Esfahan (Gaz oder so), Aufstrich Oilovie, Essiggurken, Brot und Kekse

Wir sind beschämt – und am Ende unserer Nerven. Immerhin waren wir auf die heutige Liebesattacke soweit vorbereitet, dass wir für die Frauen der Familie Schals als Geschenk mitgebracht haben. Zu allem Übel weigert sich Hossein auch noch, Geld für die Reparatur am Lenkgetriebe anzunehmen. Wir sind langsam ziemlich verzweifelt. Aber wir schreiben einen netten Brief auf Englisch, legen das ursprünglich vereinbarte Honorar dazu und deponieren diesen in Hosseins Werkstatt. Wahrscheinlich macht man das sowieso so im Iran. Schnöde, einfach nur so Geld überreichen, wo kämen wir denn da hin?

Sonntag, 23.11.2014
Nach dem Frühstück fahren wir endlich vom Schrauberviertel weg und mit dem Lastwagen zum Amt für Visaverlängerungen. Am Eingang muss man alle elektronischen Geräte abgeben, man wird wie am Flughafen durchsucht, muss mehrere schwer bewaffnete Posten passieren und landet dann vor Schalter 17 im ersten Stock.

Hier gibt man uns folgende Auskunft: Wir benötigen pro Person je zwei Passkopien unserer persönlichen Daten, Kopien des Visumantrages und zwei Fotos (Frauen mit Hijab, also dem Kopftuch). Außerdem werden pro Person zwei ausgefüllte Formulare verlangt, die in einem „red folder“ (zu erwerben am amtseigenen Kiosk) abzugeben sind und das “receipt“ eines Hotels. Der Beamte gibt uns außerdem den Tipp, das Visum lieber in Shiraz zu verlängern, da dort alles viel einfacher wäre. Ein bisschen Zeit haben wir auch noch – warum also nicht erst in Shiraz? Nun also auf zum Sight-Seeing!

Wir parken auf einer Verkehrsinsel am Fluss. Der Verkehr im Iran zählt übrigens mit zum Schlimmsten, was wir bisher so erlebt haben. Es gibt viel zu viele Autos, und die Iraner legen einen wagemutigen, rasanten Fahrstil an den Tag. Man muss z.B. jederzeit damit rechnen, dass jemand mitten auf der Autobahn den Rückwärtsgang einlegt. Fußgänger haben es hier echt nicht leicht. Auf unmotorisierte Verkehrsteilnehmer wird mit Vollgas zugehalten. Trotzdem scheint erstaunlich wenig zu passieren (toi toi toi!). Ich würde sogar behaupten, die Iraner sind keine schlechten Autofahrer.

Der stressige Großstadtwahnsinn wird aber durch die vielen schönen Grünflächen gemildert. So schlendern wir entspannt am Fluss entlang in Richtung Meydan Imam. Dort sehen wir uns in aller Ruhe die große Moschee am Platz an. Im Dom gibt es ein besonderes Phänomen: Am zentralen Punkt unter der Kuppel werden kleinste Geräusche stark verstärkt und in einem siebenfachen Echo zurückgeworfen.

Im Bazar-e-Bozorg besuchen wir eine Stoffdruckerei. Esfahan ist berühmt für seine
handbedruckten Tischdecken. Natürlich erstehen wir hier ein paar Souvenirs. Auf dem Rückweg entdecken wir einen weiteren Bazar, der aber eigentlich nur aus Geschäften besteht, in denen riesige, hässliche Goldklunker verkauft werden. Wir wollen schon wieder gehen, als uns ein lustig grinsender Mann auffällt. Er steht vor einem blinkenden Kasten. Interessiert kommen wir näher. Auf dem Kasten ist eine Hand abgebildet. Auf „penglish“ (persisch-englisch) steht dort „Fallat Robot“ geschrieben. Der Automat ist ein Weisageroboter, der aber leider nur auf Farsi die Zukunft vorhersagen kann. Kaum bedauere ich diesen Umstand, zieht der Mann aus seiner Jackentasche schon einen kleinen mit arabischen Schriftzeichen bedruckten Zettel hervor und überreicht mir diesen mit einer kleinen Verbeugung. Meine Zukunft wäre „very very goooood“. Als ich aber nach „Pul“ (Geld) frage, schüttelt er bedauernd den Kopf. “Pul, no much, sorry!“

Montag, 24.11.2014
Die armen iranischen Frauen! Als ich heute morgen auf der Suche nach einem Klo alleine durch den Park laufe, zischen mir alte Männer bösartig: „Tschador, Tschador“ zu. Ich bin schockiert und verärgert über diese konservativen Säcke!

Nun gut, ich bin etwas mutiger geworden, was meine Kleidung angeht. Ich habe nun enge Leggins an und ein Oberteil, das den Po bedeckt, aber sonst als Mini durchgehen kann. Das Kopftuch trage ich locker. Damit sehe ich aber auch nicht viel anders aus als viele junge iranische Frauen. Was für ein Land! Verschleierte Frauen, kein Bier, kein Nachtleben, keine Hunde, kein öffentliches Singen und Tanzen… Hier könnte ich auf Dauer nicht leben. Ich gebe es ja ungern zu, aber ich werde auf dieser Reise noch zum Deutschlandfan!

Mit dem Taxi lassen wir uns zur Masjed Jameh fahren, der größten Moschee im Iran, die wegen der vielen verschiedenen Baustile als Architekturmuseum gilt. Die Maurer und Fliesenmacher haben sich hier selbst übertroffen. Ich hoffe sehr, dass ich bald mal ein paar Fotos hochladen kann. Allein die Bilder der verschiedenen Kuppelgewölbe könnten ein eigenes Fotobuch mit dem Titel „Mandalas“ füllen.

Dienstag, 25.11.2014
Nach dem Ölwechsel tropft nun unser Ölfilter, so stark, dass an ein Weiterfahren nach Shiraz nicht zu denken ist. Wir landen wieder bei Hossein in Amir Kabir. Er freut sich sehr, uns schon so bald wieder zu sehen, und in Kürze haben wir das Problem behoben. Logisch, dass wir auch noch zum Mittagessen eingeladen werden.

Mittwoch, 26.11.2014
Englisch wird im Iran anscheinend nur als Wahlfach unterrichtet, denn nur wenige sprechen die Universalsprache. Der iranische Akzent erinnert außerdem an das indische Englisch. So können die Iraner den Artikel „the“ nicht aussprechen und sagen stattdessen immer nur „eh“. „In eh street“ statt „In the street“. Ich finde das total entzückend.

Ali – mein neuer iranischer Bruder – bemühte des Öfteren das Übersetzungsprogramm seines Handys und wünschte uns mit folgenden Worten einen guten Appetit: „Eat with joy and compartment!”

Auf Schildern liest man viele lustig-geniale Wortneuschöpfungen.
Wie z.B. heute an einem Reisebus: „Well come. We go for trip. Good buy.“

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