2014-06-01 RUS-07 N. Chelny

Mittwoch, 11.06.2014
Der Platz ist sehr ruhig. Auf der Straße nebenan, fährt alle zwei Stunden einmal ein Auto vorbei und die grünen hügeligen Wiesen erinnern mich an Irland. Wir legen einen Lagertag ein und waschen Wäsche mit dem Wasser der Quelle nebenan, wo auch das Dorf Jamaschewo sein Trinkwasser holt.

Berit fotografiert Matze und umgekehrt

Donnerstag,12.06.2014
Wir sind der Einladung von Halidin und seiner Tochter Ajsylu gefolgt und sitzen nun im Wohnzimmer der Familie. Er unterhält sich mit uns in perfektem Deutsch und wundert sich ein bisschen über Andreas’ und Matthias’ Bayrisch. Der blauäugige Tartare verbrachte seine Militärzeit in den 80er Jahren bei Dresden und unterrichtet in der Dorfschule des 1000 Seele Dorfes Englisch und Deutsch. Er freut sich sehr über die Gelegenheit, seine Fremdsprachenkenntnisse anzuwenden. Laut ihm sind wir die ersten Deutschen in Jamaschewo, Pioniere also. Seine eher schweigsame Tochter, ebenfalls Lehrerin in Kazan, richtet in der Küche mit Mutter Bulat (Mathematiklehrerin) ein üppiges Mittagessen für uns her. Es gibt Pelmeni in klarer Suppenbrühe, Pfannküchlein (Blintschiki), Gurken- und Tomatensalat mit Smetana und allerhand Süßes. Wir versuchen, nicht allzu ausgehungert zu wirken, aber alle Gerichte schmecken wirklich vorzüglich, und daher fassen wir dann doch hemmungslos zu. Stolz erwähnt unser Gastgeber, während er auf das verrauschte Fernsehbild in der Küchenecke zeigt, dass er außerdem Lieder für tatarische Popsänger schreibt. Dabei lässt er uns bedeutungsvoll schweigend im Unklaren, ob der stämmige Schnulzensänger auf dem Bildschirm gerade sein (Halidins) Lied singt. Außerdem sei er Mitglied im Verband russischer Schriftsteller. Wir sind also bei einer bedeutenden Persönlichkeit zu Gast und fühlen uns geehrt.

Langsam beginnt also nicht nur unsere Umgebung für uns exotisch zu werden, sondern auch wir werden für Land und Leute wohl zunehmend zum Unikum. Wir bemerken das asiatische Aussehen der Menschen und die Moscheen, und umgekehrt ist es wahrscheinlich auch eher selten, dass sich ein blaues Haus auf Rädern mit einer ungewöhnlichen Dreierkonstellation in abgelegene Dörfer verirrt.

Wir legen noch eine längere Fahretappe ein und landen in der Umgebung von N. Chelny, einer weiteren Industriestadt, in der u.a. der russische Lastwagen “Kamaz” produziert wird. Schon von Weitem sieht man die großen Türme von Kraftwerken und rauchende Schlote verschiedener Fabrikanlagen. Leider ist es schon spät, als wir feststellen, dass es an der Peripherie, auf der M7 Richtung Ufa, eine Ansammlung von Lastwagenwerkstätten gibt. Da wir noch das eine oder andere Ersatzteil, wie z.B. Kupferringe oder Dieselfilter, brauchen können, schlafen wir etwas außerhalb auf einer Mückenwiese und wollen morgen Früh noch einmal zurück nach N. Chelny.


Jamaschewo/Yamashevo, Tartastan auf einer größeren Karte anzeigen

Freitag, 13.06.2014
Den Vormittag verbringen wir auf der Suche nach speziellen Kupferringen in N. Chelny. Endlich finden wir eine Werkstatt, die uns den entscheidenden Tipp gibt. Der „Direktor“ Arthur, ein vierschrötiger, rotblonder Russe, lässt für uns alles liegen und stehen und fährt uns mit seinem Auto höchstpersönlich zum Automarkt „Garasch 500″ (sprich: Garasch Piatsot). Den Markt darf man sich wie einen orientalisch angehauchten Basar vorstellen, nur eben spezialisiert auf das Thema Auto. Ein Händler bietet Kupferringe feil, der andere hat sich auf Autotuning spezialisiert, der nächste hat Radios und Kindersitze im Angebot. Der kleine Laden für Dieselfilter hat leider geschlossen, aber immerhin finden wir passende Kupferringe. Wir bedanken uns bei Arthur für seine selbstlose Hilfe (Geld will er dafür nicht haben). Am liebsten möchte er uns noch mit zu sich nach Hause zum Essen nehmen, aber wir lehnen höflich ab. Wir wollen noch etwas Strecke in Richtung Ufa machen

Wir schlafen etwas abseits der M7 auf einer zauberhaften Blumenwiese. In der Nähe wohnt ein alter Schäfer, der in einem krummen und schiefen Bauwagen wohnt. Sidi fürchtet sich vor dem Mann im Vollkörpermückenschutz fast zu Tode und bekommt einen hysterischen Bellanfall.

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