Zuhause

Anfang April 2020

Fast zwei Wochen sind wir nun schon daheim. Das Ankommen und Wiedereinleben fällt uns erstaunlich leicht. Nach dem ersten Kälteschock genießen wir das angenehme Klima sehr. Die Luft ist herrlich. Endlich können wir nachts wieder kühl schlafen, eingemummelt in dicke Decken. Der nahende Frühling heißt uns mit Vogelgezwitscher und blühenden Bäumen willkommen. Auch die Mitbewohner freuen sich. Voller Elan stürzen wir uns in ein gemeinsames Gartenprojekt; wenn nicht jetzt, wann dann? Nun ist die richtige Zeit, um autark zu werden, Gemüse anzubauen und das Feld zu bestellen. Wir kaufen ein gebrauchtes Gewächshaus, ordern Setzkartoffeln und Saatgut. Den Hof verlassen wir gerade kaum. Ein Hamsterkauf (wir haben ja gerade sowieso keine Vorräte mehr zu Hause) im Supermarkt überzeugt uns davon, dass die Lage vorerst gar nicht so schlimm ist, wie vermutet: Es gibt sogar noch Klopapier, nur die Hefe ist ausverkauft. Heppo und ich sind zwei von drei Kunden, die mit Masken und Handschuhen hantieren. Der Rest der Käufer scheint sorglos – einer bohrt sogar in der Nase…

Dann tätigen wir halt auch mal einen Hamsterkauf…

Corona hat auch etwas Gutes: Der Ansturm an Willkommen-zurück-daheim-Besuchern hält sich in Grenzen; auch die Pflichtbesuche fallen vorerst aus. Schade einerseits, andererseits haben wir so genügend Zeit, um uns wieder langsam an das Hier und Jetzt zu gewöhnen. Die Entschleunigung tut gut. Ich höre damit auf, bei Worldometer nach den aktuellen Coronafallzahlen zu suchen und schalte nur noch einmal am Tag das Radio ein. Trotzdem bin ich beunruhigt, weniger wegen der Lungenkrankheit, als mehr wegen der Maßnahmen, die die bayerische Regierung diskutiert: Von Tracking mit Big Data ist da die Rede und von einer Verlängerung der Ausgangsbeschränkung.

Tagsüber sind wir aber prima abgelenkt. Die neue Herausforderung am Hof heißt, unserem aggressiven Brahma Kampfhahn G.G. nicht zu nahe zu kommen. Der Wahnsinnige stürzt sich auf jeden und jede, um mit Kungfu-Fußtritten gegen Kniescheiben und Schienbeine zu schlagen. Ich gewöhne mir an, Sidi an meiner Seite bei Fuß gehen zu lassen und ihn bei Gefahr im Verzug auf den depperten Gockel zu hetzen. Seit dieser ein paar seiner Schwanzfedern lassen musste, hat er sogar ziemlichen Respekt vor unserem Hund. Alles prima, also!

Nur nachts sind wir immer noch in Afrika. Anfangs wachen wir komplett desorientiert auf. Wo sind wir? In unserem LKW? In der Côte d‘Ivoire? In Afrika? Nein, zu Hause, in Deutschland. Beide träumen wir vom Elephant‘s Nest, von Chloes Innenhof, vom Zusammenpacken und fluchtartigen Verlassen des Landes. Eine Zeitschleife: Wir wachen auf, versichern uns gegenseitig, dass wir nur geträumt haben, schlafen erneut ein – und befinden uns wieder dort.

Ob es Frau Scherer wohl gut geht? Wann wir sie wohl wiedersehen werden?
Ich bin genervt! Wenn unser Fahrzeug hier bei uns wäre, könnten wir einen Schlussstrich unter unsere Reise nach Westafrika ziehen. So aber hängen wir noch irgendwie fest auf dem anderen Kontinent.

Und nicht zuletzt vermisse ich ein paar Dinge, die ich in unserem Wohnmobil zurücklassen musste. Ich bin dann wohl doch materialistischer, als ich mir das zumeist eingestehe. Neben den tollen, bunten Stoffen und schönen, afrikanischen Kleidern sind dies vor allem meine Laufschuhe und – klingt komisch, ist aber so – mein Krauthobel…

Bitte verratet mir, wie soll ich nur unbeschadet durch diesen seltsamen Biohazard-Frühling 2020 kommen, wenn ich keinen feingehobelten Krautsalat essen kann? Vitamine sind nun doch schließlich das Wichtigste überhaupt!

Und hier noch Musik aus Nigeria: