Wie wir Entspannung suchen und Stress bekommen

Frau Scherer in der Strandbar Last Hour Beach von Takoradi

Das Alaska Beach Resort in Busua wird seinem Namen wirklich nicht gerecht. Statt vor schneebedeckten Bergen stehen wir mit Frau Scherer unter Palmen am schönen, ausgedehnten Sandstrand und sitzen abends in Kumas improvisierter Reggaebar. Heppo möchte surfen und ich schreiben. Es könnte so schön sein, aber Sidi hängt ziemlich in den Seilen. Noch denken wir uns nichts Schlimmes und schieben seine Mattigkeit auf die schwüle Hitze. Irgendwann misst Heppo dann doch Fieber bei unserem Hund, und tatsächlich hat dieser knapp über 40 Grad Celsius. Nach seinem schrecklichen Zustand in Bamako, Mali sind wir natürlich hochgradig alarmiert. Im Internet recherchiere ich, dass es eine Tierklinik in der etwa 30 Kilometer entfernten Stadt Sekondi-Takoradi gibt. Um heute alle Zelte abzubrechen, ist es schon zu spät;  stattdessen verpasse ich Sidi wieder einmal Wadenwickel.

Die ganze Nacht schlafen wir kaum.  Heppo überprüft stündlich das Fieber, aber Sidi geht es unverändert schlecht. Um acht Uhr morgens sind wir dann bereits vor dem Veterinary Service Department. Wir sind erstaunt, dass fast ausschließlich Hundebesitzer vor der Tür warten und werten dies als gutes Zeichen. Tierärzte sind in Afrika meistens eher für Nutztiere wie Kühe, Ziegen und Schafe zuständig, Hunde wird auf dem Land ein eher geringer Wert beigemessen. Zwar dienen sie als Wach-, Hirten und Jagdhunde, werden aber bei weitem nicht so umsorgt wie bei uns. Dass wir hier also wertvolle Rassehunde und deren besorgte Besitzer sehen, lässt uns auf eine gute Behandlung hoffen. So ist es dann auch. Sidi bekommt von geübter Hand mehrere Spritzen verabreicht, u.a. ein fiebersenkendes Mittel, Antibiotika und etwas gegen Parasiten. Dabei macht er ein ziemliches Gezeter – er hasst Tierärzte. Gegenüber dem Arzt äußere ich unseren Verdacht,  dass Sidi immer noch unter den Folgen der Zeckenattacke von Nuakschott leidet. „Könnte er Borreliose oder etwas Ähnliches haben?“ Wir können unser Glück gar nicht fassen: Ein Labor ist gleich nebenan. Morgen sollen wir wiederkommen, um die Ergebnisse des Bluttests zu erhalten. Sidi atmet schwer, als wir ihn zurück zum Auto bringen;  er hechelt und sabbert. Wahrscheinlich ist es der Stress. Doch bald wird er ruhiger, seine Körpertemperatur normalisiert sich.

Last Hour Beach Bar

Am Last Hour Beach finden wir einen kostenlosen Übernachtungsplatz: Im Gegenzug ordern wir dafür die Getränke von der Bar. Hier lernen wir Uli und seinen Kollegen Robert kennen. Die beiden Deutschen wohnen seit vielen Jahren in Ghana und sind im Autoersatzteilhandel tätig. Während Uli sich als interessanter und netter Gesprächspartner erweist, wird uns Robert von Bier zu Bier immer unsympathischer. „Die Menschen in Ghana sind falsch, faul, dumm und unkultiviert!“, so redet er sich mit zunehmendem Alkoholpegel in Rage. Was wohl einen Rassisten dazu bringt, in ein schwarzafrikanisches Land auszuwandern? Robert gibt die Antwort gleich selbst: „Von meiner ghanaischen Frau lebe ich getrennt. Ansonsten habe ich mit den Schwarzen nichts mehr zu tun. Ich treffe mich nur noch mit Weißen!“

Die Stimmung ist nun ziemlich unterkühlt. Robert hat genauso wenig Lust auf uns wie wir auf ihn. Da wir ihm Paroli bieten, hält er uns für linke Gutmenschen. Er greift zum Telefon, bestellt tatsächlich bei einem Take Away Schawarma zum Selbstabholen und beeilt sich zu gehen. Wir sind erleichtert, dass wir ihn loshaben.