Amüsement in Accra

Musiktipp: Stevo Atambire – Kologo ft Wanlov the Kubolor


Gut aussehend: Apollo von Jolinaiko Eco Tours

In Ghanas Hauptstadt Accra bleiben wir die ersten Tage bei Apollo von Jolinaiko Eco Tours. Er wohnt mit seiner niederländischen Frau in einer schönen, roten Backsteinvilla im Norden der Stadt. Um Accra von Süden nach Norden zu durchqueren, brauchen wir tatsächlich über vier Stunden. Die Stadt ist riesig – und der Verkehr die Hölle. Der Innenhof des kleinen Anwesens, gerade mal so groß, dass Frau Scherer hineinpasst, bildet hingegen eine Oase der Ruhe.

Apollo ist ein ziemlich gut aussehender Mann. Er hat die Ausstrahlung eines Dreißigjährigen, obwohl er bereits Mitte 50 ist. Es ist erstaunlich: Die Menschen in Ghana – Männer wie Frauen – sehen tatsächlich oft wahnsinnig jung aus.

Apollo lässt seine Beziehungen spielen, um uns ein Re-Entry-Visum für Ghana zu besorgen. Angeblich erhältlich man dieses weder in Benin noch in Togo. In wenigen Tagen wollen wir nämlich im Benin beim Voodoo-Festival sein. Unsere einzige Möglichkeit ist es daher, unser Visum noch in Accra zu beantragen.

Apollo ist ein charmanter und guter Erzähler, auch er ist – wie unser „Federspezialist“ George – ein Selfmademan. Aus einer einfachen Familie kommend, hat er es weit gebracht: Unternehmer ist er nun mit einem gut gehenden Reisebüro, er besitzt mehrere Häuser, ist verheiratet mit einer Holländerin und stolzer Vater zweier Kinder. Apollo ist glücklich. Doch das war nicht immer so: Er war ein Suchender, war Muslim, Katholik, Animist und sogar Anhänger einer sogenannten Charismatischen Kirche. Doch seit einigen Jahren versteht er sich als Skeptiker und Atheist. Ihm kamen Zweifel: „Is God deaf?“, fragte er sich irgendwann, weil in Ghana alle Glaubensgemeinschaften so lautstark auf sich aufmerksam machen. Wir freuen uns, endlich mal einen kritischen Geist vor uns zu haben.

Nach einer ruhigen und angenehmen Nacht verlassen wir den Apollos Innenhof, ausgestattet mit einem Kontakt zum Immgration-Office und der Nummer des Guides Hervé für das Voodoo-Festival in Benin.

Is god deaf?

Im Süden von Accra stellen wir uns am Labadi Beach ans Tawala Beach Resort. Allerdings ist der Manager ein richtiger Unsymphath: 200 Cedis, also 30 Euro, will er von uns für einen Parkplatz, der eigentlich kostenfrei sein sollte. Wir handeln den Stellplatz auf 40 Cedis herunter, also auf etwa 6 Euro. Das ist immer noch teuer genug.

Das spannendste in Accra sind sicherlich die unzähligen Straßenverkäufer

Mit dem Taxi fahren wir in die Innenstadt. Touristisch und architektonisch gibt Accra übrigens nicht sonderlich viel her. Der größte Anziehungspunkt ist wahrscheinlich die Oxford Street, wo sich bunte Klamotten- und Souvenirläden aneinander reihen. Auch von der angeblichen Accra Art Week, im Internet groß gehypt, ist weit und breit nichts zu sehen. Eine Ausstellung über die ghanaische Musikrichtung High-Life besteht gerade mal aus drei kleinformatigen Schwarzweiß-Fotos. Größeren Glamour und ein besseres Programm verspricht das ebenfalls gerade stattfindende Afrochella-Festival. Die VIP-Ticket-Preise zu unglaublichen 1800 US$, allerdings inklusive kleiner Rundreise und Champagner-All-Night, passen aber weder in unser Budget noch zu unseren Vorstellungen von gelungenem Amüsement.

Da fahren wir lieber weiter zum +233 Jazz Club, wo die Dela Botri Band spielt. Obwohl wir eigentlich Flötenmusik in Pop und Rock eher sehr anstrengend finden, spielt der Frontman der Band so toll, dass wir sofort komplett verzaubert sind. Überdies treffen wir im Club drei sehr lustige (und unglaublich betrunkene) Engländer, die ihr Geld damit verdienen, aufblasbare Riesenfiguren für Festivals anzufertigen.

Drachenverkäufer

Noch interessanter ist die Begegnung mit dem amerikanischen Musikprofessor und Ethnomusiker Colter Harper, der seit vielen Jahren immer wieder nach Ghana kommt, um Field Recordings anzufertigen. Seine neueste Entdeckung heißt Stevo Atambire und kommt aus dem Norden des Landes. Die besten musikalischen Erlebnisse, sagt er, habe er aber immer noch bei Beerdigungen. So sei das eben, in Ghana!

Finanzsparplan für die eigene Beerdigung