Orgakram in Accra

Trotz unserer verfrühten Rückkehr nach Deutschland möchte ich nach wie vor von Afrika berichten. Hier geht es also nun weiter mit einem Bericht aus Ghana (Dezember 2019):


Straßenszene in Accra

Am Montagmorgen finden wir uns wie vereinbart vor dem Immigration Office ein. Das Amt ist abgeriegelt wie ein Hochsicherheitstrakt, mit Stacheldraht gesichertem Parkplatz, bewachter Eingangsschleuse und einem Warteraum, wo man sich in eine Kontaktliste eintragen muss. Unser Kontaktmann  Mr Andy hatte eine Autopanne und muss leider absagen. Am Telefon teilt er uns aber mit , dass er einen seiner Kollegen schickt. Bald darauf werden wir wie vereinbart abgeholt. Neben der offiziellen Bearbeitungsgebühr werden noch zusätzliche 80 ghc (ca. 12 Euro) für die „schnelle Bearbeitung“ fällig. Bis Ende der Woche soll unser 3 Monate gültiges Re-Entry-Visum dann fertig sein.

Weil wir gerade in Organisationslaune sind, besorgen wir uns auch noch gleich ein Visum für Togo. 100 US$ kostet dieses pro Person. An der Grenze bekommt man dies zwar deutlich günstiger, für etwa 15 Euro pro Person. Allerdings geht das nur an bestimmten Grenzübergängen, z.B. nur am stressigen Grenzübergang Aflao bei Lomé, nicht aber am deutlich ruhigeren und entspannteren Grenzübergang in Dzodze, ein Stück weiter nördlich, und nur beschränkt auf 7 Tage. Da wir aber mindestens zwei Mal das Land durchqueren, auch länger als eine Woche bleiben und zur Verlängerung bei der Rückreise nicht von Norden nach Süden in die Hauptstadt fahren möchten, nehmen wir den enormen Preisunterschied trotzdem in Kauf.

Wimmelbild mit Männern

Am selben Tag versuchen wir außerdem, noch einen 12-Volt-Ventilator aufzutreiben, nachdem unser alter mittlerweile den Geist aufgegeben hat. Auf der Suche nach einem solchen landen wir in Nima, im Nordosten von Accra, einem eher armen Viertel mit hohem Migrantenanteil. Uns fällt vor allem auf, dass hier plötzlich besonders viele Muslime zu wohnen scheinen. Eine riesige Moschee überragt den ganzen Stadtteil. Hier ist plötzlich alles arabisch-afrikanisch. Wir sind die einzigen Weißen weit und breit. Eine andere Welt ist das! Statt körperbetonter, afrikanischer Kleidung werden lange, bunte Glitzerroben zum Verkauf angeboten; viele vollständig verschleierte Frauen laufen herum. Es werden auch Gebetsteppiche in allen Formen und Größen angeboten, ebenso Koranständer und buntes Tee-Service. Einen kleinen Ventilator mit 12-Volt-Stecker finden wir aber nicht. Es ist wirklich wie verhext: Noch in der Elfenbeinküste wurde uns dieses Modell fast täglich zum Kauf angeboten, doch in Ghana scheint es so etwas nicht zu geben. Alle Ventilatoren sind große Standmodelle und werden ausschließlich mit 230-Volt-Stecker geliefert.

Heppo in Verhandlungen mit der Stoßdämpfergang

Einen letzten Versuch wollen wir noch unternehmen. Zurück in der Innenstadt finden wir einen kostenfreien Parkplatz vor der hübschen Rising Phoenix Reagge-Bar mit angeschlossenem Hostel. Von hier aus gehen wir ein paar Minuten in ein Viertel, in dem in engen Gassen ausschließlich Elektrogeräte angeboten werden.

In Accra macht uns der Verkehr völlig kirre!

Doch auch hier hat wieder keiner ein passendes Modell für uns. Man schickt uns weiter. Und immer öfter hören wir den Namen einer bestimmten Person: „Wenn jemand so etwas hat, dann Mamie Akwa!“ Irgendwann stehen wir vor ihrem Laden. Der ist so klein, dass nicht mehr als drei Leute beieinander stehen können. Mamie Akwa steht füllig und beleibt, zusammen mit ihrer dünneren Tochter, hinter ihrem Tresen. Um die beiden Frauen herum stapeln sich Kartons mit Radios, Uhren, Leuchten und Stabmixern. Auch kleine Ventilatoren gibt es, doch wieder nur mit 230-Volt. Mamie jedoch weiß Rat. Sie schickt einen ihrer Laufburschen ins Lager. Kurz darauf kommt er mit dem exakt gleichen Modell zurück, das wir uns wünschen,  nur eine Nummer größer. Wir sind überglücklich. Das ist sogar noch besser! Endlich nicht mehr schwitzen während der Fahrt. Auch für Sidi ist die Luftzirkulation überlebensnotwendig geworden. Die Hitze ist mittlerweile nämlich wirklich fast unerträglich geworden. Mamie ist guter Dinge und weiß genau um unsere Not. So lässt sie sich – ganz tüchtige Geschäftsfrau – auch keinen Millimeter von ihren Preisvorstellungen herunterhandeln. „Das war der letzte!“, sagt sie und grinst. Na, gut! Was sollen wir da feilschen? Wenn dies wirklich der letzte 12-Volt-Ventilator in ganz Ghana sein sollte, dann ist er wahrscheinlich auch deutlich mehr wert, als die läppischen 40 ghc, die wir für das verdammte Ding zahlen. Merci Mamie!

Merci Mamie für den 12-Volt-Ventilator!