Weichsand und, was einen sonst noch in der Wüste erwartet

Mauretanien besteht vor allem aus Wüste!

Okay, zuerst mal eine kleine Lektion in Theorie:  „Fahren im Weichsand“ steht heute auf dem Lehrplan (teilweise übernommen von der Lila Pistenkuh und ihrem empfehlenswertem Mauretanien 4×4 Tourenbuch!).

Sieht aus wie gemalt, ist aber fotografiert

1. Das Allerwichtigste ist, Reifendruck zu reduzieren: Bis zu 50 % werden empfohlen! In unserem Fall hat sich sogar eine Reduzierung von 7 Bar auf 3 Bar bewährt. Das vergrößert die Auflagefläche und bringt tatsächlich mehr als alles andere.
2. Bei zuschaltbarem Allrad, diesen einlegen.
3. Lenkrad nicht zu fest halten, sondern nur locker. Im Sand kann man nicht so gut lenken und an Steinen verreißt sonst leicht das Lenkrad.
4. Bei mehr als 25 Grad Gefälle immer in direkter Fallrichtung fahren, nie schräg!
5. Vorsichtig mit der Kupplung, nur zum Anfahren und zum Gangwechseln benutzen. Tritt man beim Fahren die Kupplung, steht der Wagen still, als hätte man die Bremse betätigt.
6. Zum Anhalten ausrollen lassen, nicht die Bremse drücken. Sonst entsteht ein kleiner Sandwall vor den Reifen, der das Anfahren unnötig erschwert.
7. Schwierige und uneinsehbare Passagen vorher zu Fuß erkunden. Achtung vor Dünentrichtern!
8. In den Morgenstunden fahren, wenn der Sand kühl und noch etwas feucht ist.
9. Genügend Treibstoff an Bord haben. Der normale Verbrauch wird schnell mal eben verdoppelt!

Erstaunlich, was Frau Scherer alles kann!

Hat man sich nun schon mal festgefahren, dann kann das Zurücksetzen in der eigenen Spur helfen, ansonsten Sandbleche und Schaufeln. Letztere sollte man aber sparsam einsetzen, da das Fahrzeug bei zu vielem Wühlen weiter im Sand verschwindet.

Durch die Wüste

Die Sache ist also nicht ganz ohne, und heute liegen 25 Kilometer Weichsandfeld vor uns. Aber dank dem Tourenbuch der Profireisenden Sabine und Burkhard Koch von der Lila Pistenkuh ist diese – von uns gefürchtete Passage – tatsächlich überhaupt kein Problem.

Ein paar andere Erlebnisse bringen uns heute dafür mehr ins Schwitzen:
Wir fahren gerade immer sehr nahe entlang des Gebiets der DARS, der Demokratischen Arabischen Republik Sahara, dem Gebiet der Polisario-Kämpfer, das auf der andern Seite der Eisenbahnlinie verläuft. Als wir kurz anhalten, um einen haltenden Eisenerzzug zu filmen und zu fotografieren, aus dem gerade mitten in der Wüste diverse Güter entladen werden, höre ich Panik in Heppos Stimme: „Berit, komm schnell wieder in den LKW!“ Und erst jetzt sehe ich, wie ein Mann mit einem russischen Schnellfeuergewehr, Marke AK 47, besser bekannt als Kalaschnikow, auf uns zugeeilt kommt. Mein Herz rast sofort wie wild. Angeblich handelt es sich aber nur um Polizei. Nur komisch, dass der Typ so ganz anders aussieht  als die Polizisten, mit denen wir es bisher zu tun hatten. „Schnell weiterfahren!“, herrscht uns der Schwerbewaffnete an. Meine Hände schwitzen. Und natürlich leisten wir seinem Befehl Folge: Sofort und gerne. No problem!

Zug mit Grasbüschelfeld

Gleich danach hält uns ein Grasbüscheldünenfeld auf Trab. Klingt harmlos, aber die 50 cm bis 1 Meter hohen Hügel, in denen ein zähes Gras wächst, sind eine echte Herausforderung. Besser ist es, mit  dem LKW  auszuweichen und  sich einen Weg dazwischen zu bahnen. Fährt man direkt darüber, leidet das Fahrzeug sehr. Tatsächlich besteht sogar die Gefahr, sich in eine Pattsituation zu manövrieren und beim Bergabfahren direkt vor solch einem Büschel steckenzubleiben. Wie anstrengend!

Trostloses Tmeimichat

 

Kind in Tmeimichat

Kleines Haus für eine große Familie

Kurz darauf sind wir in dem Ort Tmeimichat. Wir müssen bei der Polizei vorstellig werden und ein „Fiche“, einen vorbereiteten Zettel mit personenbezogenen Daten, abgeben. (Nebenbei: Über 50 Stück werden wir davon auf unserem Weg durch Mauretanien brauchen). Auf dem Weg zur Polizeistation passieren wir ein Dorf, das sich kein Filmemacher besser hätte ausdenken können: So sieht es aus, das Leben nach dem Atomkrieg, nach dem Weltuntergang. Die letzten Überlebenden, das sind Kinder und Frauen. Bereits von Weitem laufen sie unserem LKW entgegen, teils barfuß, große Staubwolken hinter sich herziehend. Und sie brüllen uns an: „Geschenke!“ und „Gebt uns Geld!“,  Die Hütten sind nur Wellblechverschläge. Krähen fliegen krächzend umher. Die Luft ist voll von Staub und Dreck, das Wetter drückend und trübe.

Bettelnde Kinder, die mitten im Nichts wohnen

 

Krähen verfolgen uns schon eine ganze Weile…

In der Wachstube: Die Polizisten können es kaum fassen, dass wir alleine hier sind, ohne Guide. Mehrmals fragen sie nach. „Ja, wirklich, nur wir zwei!“, antworte ich. Misstrauisch beäuge ich unterdessen die fünf Pistolen, die auf dem Schreibtisch herumliegen. Doch:  Ja, alles gut. Wir dürfen weiterfahren.

Als wir endlich einen Übernachtungsplatz hinter einer bizarren, elefantenförmigen Felsengruppe gefunden haben, löst sich die Anspannung des Tages mit einem Regenschauer. Wir duschen unter der Regenrinne unseres LKWs. Ein Segen mitten in der Wüste: Wasser im Überfluss.

Die vorbeiziehende Karawane wird lässig aus dem Auto heraus gegrüßt