Archiv der Kategorie: Mauretanien

Mauretanien

Ein Flugzeug wird kommen

Musikempfehlung: In Atar hörten wir Dimi Mint Abba, die bedeutenste Vertreterin der Griot-Tradition in Mauretanien

Hier gönnt keiner dem anderen etwas. Hahnenkampf am Campingplatz Bab Sahara in Atar.

Atar ist unsere erste richtige Berührung mit der Zivilisation in Mauretanien. Aber die drittgrößte Stadt des Landes trägt nicht dazu bei, unseren Kulturschock zu verringern. Die Autos, die durch die staubigen Straßen fahren, sind Schrott. Die Häuser sind winzig, doch wohnen mehrköpfige Familien darin. Jedes Haus, das direkt an der Straße liegt, ist zugleich ein Laden, mit dem immer gleichen, dürftigen Angebot aus Keksen und Dosenfisch. Erwachsene und Kinder lagern darin auf dünnen Matten. Um die Waren herauszugeben oder die entgegen gestreckten Geldscheine anzunehmen, erheben sie sich nur mühsam von ihren Lagern. Wechselgeld ist Mangelware, keiner hat es und wenn, dann gibt er es nicht her. Das nervt.

Wenn eh keiner kommt, kann man ebenso gut schlafen…

Schlimmer jedoch ist, dass uns für alles die absoluten Phantasiepreise genannt werden. Wir werden nur als wandelnder Geldbeutel auf zwei Beinen angesehen. Keiner interessiert sich wirklich für uns, sondern nur für unser Bares. Auf dem Campingplatz Bab Sahara müssen wir uns erst einmal stundenlang gegen Händler und Guides wehren: Buche! Kaufe! Gib mir! Miete! Tausche! Handle! Wie anstrengend!

Natürlich gibt es auch sehr nette Mauretanier

Am Markt müssen wir nun jeden Tag aufs Neue den Preis für Obst und Gemüse aushandeln. Ich schicke Heppo vor; der kann das besser und bewahrt beim Einkaufen Fassung und Humor. Wenn wenigstens nicht die dauerbettelnden Kinder wären! Mit etwas Wehmut denke ich an meine Nichten und den Neffen und die Töchter und Söhne der Freunde, die allesamt so höflich und zurückhaltend sind. Doch, so spinne ich den Gedanken weiter, vielleicht zeigen diese auch nur die Bescheidenheit derjenigen, die genau wissen, dass sie sowieso alles bekommen, was sie wollen und am Ende sogar noch mehr. Die mauretanischen Kinder hingegen haben nichts zu verlieren. Sie können nur gewinnen, und Aufmerksamkeit ist das Mittel zum Ziel. Das stört uns in unserer Komfortzone und hinterlässt ein schales Gefühl. Wir wissen, dass es uns so viel besser geht, doch selten werden wir so direkt damit konfrontiert wie hier. Und: In vielen Ländern wird man ebenfalls über den Tisch gezogen, dann aber deutlich charmanter. Da sind die Mauretanier leider etwas einfallslos.

Ist doch noch gut und fährt auch noch… (gesehen in Nuakschott)

Ernsthaft, das ist der Reifenhändler “Michelin”

Als ich jedoch zum wiederholten Male die Geschichte von dem Flugzeug zu hören bekomme, das Mitte diesen Monats zum Saisonbeginn landen wird, bekomme ich richtiges Mitleid.
Seit ein paar Jahren gibt es wohl wieder zwei direkte Flugverbindungen pro Woche aus Frankreich: Paris – Atar und Marseille – Atar. In den kleinen Maschinen sitzen jeweils 25 Touristen, die sehnsüchtigst erwartet werden. Die Hoffnung der gesamten Adrarregion, diesem Herzstück Mauretaniens mit seinen Hochplateaus und Oasen, hängt an diesen paar Abenteuerlustigen, die sich von der angespannten Sicherheitslage nicht abschrecken lassen. Als im Jahr 2007 vier Franzosen von Al-Kaida getötet wurden, brach die Versorgungsgrundlage einer ganzen Region in sich zusammen, und zwar der Tourismus.  Doch nun, fast 12 Jahre später, gibt es einen leichten Aufwärtstrend zu verzeichnen. Langsam, sehr langsam, kommen sie wieder, die Urlauber und Wüstenfahrer.
Jeder im Adrar hofft und betet nun also, dass im nächsten Flugzeug doch jemand für ihn dabei sein wird, der bucht, kauft, gibt, mietet, tauscht und handelt. Wenigstens ein kleiner Teil vom Kuchen, ein noch so winziger, muss abfallen. Und so sitzen, liegen und lagern sie vor ihren leeren Hotels und Campingplätzen, Schmuckständen und Stoffläden. Dabei sehen sie in den Himmel und wiederholen, wie ein Mantra, immer wieder diesen einen Satz: „Ein Flugzeug wird kommen! Ein Flugzeug…! Ein Flugzeug…!“

Es ist herzzerreißend!

Ein Flugzeug?

Eine Art Weihnachtsgeschichte

Noch schnell zum 2. Advent…

Schwarze, glänzende Steine

Bald werden wir die 400 Offroad-Kilometer durch die Wüste hinter uns haben. Auf dieser letzten Etappe ist die Landschaft noch einmal besonders bezaubernd mit ihren schwarzen und glänzenden Bergen. Alle meine Fotos sehen durch den Sand und Staub wie aquarelliert aus. Eine feine Unschärfe legt sich über alle Bilder, ein Weichzeichner. Hier sah es wohl auch schon vor 2000 Jahren genauso aus. Nicht einmal der sonst so allgegenwärtige Zivilisationsmüll nimmt uns die Illusion, in einem fernen Land vor unserer Zeit zu weilen: Es gibt ihn hier einfach nicht.

Exemplarischer Wüstenwanderer

Und dann sind da die Wüstenwanderer, meist alte, zähe Männer, die im Stechschritt durch die unwirtliche Landschaft ziehen. Wenn sie viel dabei haben, dann ist es eine kleine Flasche Wasser, nicht mehr. Kein unnötiges Gewicht belastet sie.

Zwei von ihnen stehen plötzlich neben der Piste und bedeuten uns anzuhalten. Sie sehen besonders kurios aus, etwa so, wie man sich die Weisen aus dem Morgenland vorstellt. Ihre blauen und grünen Bubus, die landestypischen Umhänge, wehen im Wind. Nur die Sonnenbrille des einen passt nicht recht ins Bild.

„Sucht ihr auch den Stern, der vom Himmel gefallen ist?“, fragt uns einer der beiden nun tatsächlich auf Französisch. Ich glaube, mich verhört zu habe, doch der Greis wiederholt seinen Satz. Irgendwie wundert mich in dieser biblischen Landschaft gar nichts mehr…

Fühle mich dummerweise der Wahrheit verpflichtet…

Nur dumm, dass ich mich aber stets zur Wahrheit verpflichtet fühle. Daher antworte ich, so wie es den Tatsachen entspricht, mit: „Nein, den suchen wir nicht!“. Ende der Unterhaltung.

Als wir schon längst weiterfahren und ich Heppo unseren kleinen Dialog übersetze, kassiere ich einen Riesenrüffel. „Wer weiß, was wir zu sehen bekommen hätten, wenn du mit „Ja!“ geantwortet hättest?“

Er hat ja Recht; ich könnte mich  ohrfeigen! Wer weiß, was uns die beiden gezeigt hätten? Einen jüngst auf die Erde niedergegangenen Meteoriten? Ein Raumschiff? Außerirdische? Vielleicht sogar das Jesuskind, den Messias 2.0., in einer Krippe aus Eisenbahnschwellen mitten in der mauretanischen Wüste? Ich halte an diesem Ort mittlerweile tatsächlich alles für möglich…

Verdammt, wir haben wohl die einmalige Chance verpasst, als die zwei (mit Sidi sogar drei) Weisen aus dem Abendland in die Geschichte einzugehen! Damit werde ich ab sofort wohl nun leben müssen…

Off topic, aber auch schön: Tursa oder Turscha nennen diese Pflanze die Wüstenbewohner, Calotropis die Botaniker.

Nachtrag: Da mich die Sache nicht loslässt, habe ich noch etwas recherchiert. Folgender Artikel erklärt es wohl. Offenbar verschlägt es immer wieder mal Meteoritensucher in Goldgräberstimmung nach Mauretanien: https://www.n-tv.de/panorama/Meteorit-bringt-mehr-als-600-000-Dollar-ein-article20680186.html Ja, wenn wir das gewusst hätten…

Sandbrot

Leider nicht das Selbstgebackene, dennoch gutes, schweres, mauretanisches Brot

Obwohl das gleichnamige Dorf Ben Amira etwa sechs Kilometer entfernt ist, ist doch so einiges los am Berg. Achmed, ein 14-jähriger, der aber aussieht wie zehn, unterhält sich länger mit uns. Er kann relativ gut Französisch, ist charmant und wortgewandt. Da wir ihn sympathisch finden, haben auch seine Bettelversuche Erfolg. Kekse, Kugelschreiber und eine Packung Reis wechseln den Besitzer. Er sieht allerdings auch aus, als ob er es gebrauchen könnte. Und Achmed hat Anstand. Bald darauf kommt er wieder und stellt uns seiner Familie und ein paar Männern aus dem Dorf vor. Fast reagiere ich genervt, als er uns nun auch noch um Mehl, Öl und eine Schüssel bittet. Aber nein, diesmal wird nicht gebettelt, sondern Achmed und die Männer möchten Brot für uns backen. Echtes mauretanisches Brot. Wie das gehen soll, mitten in der Wüste, kann ich mir aber beim besten Willen nicht vorstellen. Für die Leute ist das jedoch eine leichte Übung, die allerdings wegen des starken Windesgeheimnisvoll unter einer Wolldecke ausgeführt wird. Gemeinsam verzehren wir späteras schwere Brot zusammen mit Linsen in einer kleinen, kühlen Höhle, wo es sich hervorragend in den heißen Tagesstunden ausharren lässt. Hier folgt das Rezept:

Mauretanisches Brot, im Sand gebacken

• Aus ca. 4 kg Mehl (auf jeden Fall viel Mehl!), Wasser, Olivenöl, Salz einen festen Teig herstellen. Gut kneten und noch mal gut kneten. Bei Wind: Unter einer Decke.
• Kleines Feuer in einer Sandkuhle machen.
• Asche wegräumen.
• Den Teigling in die Kuhle legen und mit Sand bedecken.
• Auf dem Sand nochmal ein Feuer machen. Ca. 10-15 Minuten brennen lassen.
• Asche wegräumen, Sand weg, Teigling umdrehen.
• Mit Sand bedecken, kurz nochmal ein Feuer machen.
• Fertig
• Brot gut abklopfen und vom Sand befreien.
• Das Ergebnis ist ein sehr festes Brot, das gar nicht so schlecht schmeckt und erstaunlich wenig Sandanteil hat.

Das Brot kann außerdem noch einer Zweitverwertung als Nachspeise zugeführt werden. Dazu muss man es in Stücke reißen und mit warmem Wasser und Zucker verrühren. Das Gericht erinnert mich an ein Dessert aus meiner Kindheit, an etwas, das man bei Oma mal vor ewigen Zeiten gegessen hat und was mittlerweile ziemlich aus der Mode gekommen sein dürfte. Ich komme aber nicht darauf, wie das Gericht heißen könnte. Wer kann helfen?

Achmed, Esel und Heppo

Mauretanische Tierwelt

Agiler Gecko in stacheligen Bäumen (Foto: Heppo)

Weil es an den beiden Bergen so schön ist, beschließen wir, noch etwas auf der Südseite des Ben Amira zu bleiben. Dort stehen wir in einem Halbrund, umgeben von dem Berg und seinem Ausläufer, inmitten schattiger Bäume. Zur Dämmerung kommen große Scharen Fledermäuse, die so tief über unseren Köpfen kreisen, dass wir ihre zarten, durchscheinenden Flügel sehen können. Große, gelbe und unglaublich flinke Spinnen flitzen über den steinigen Boden. Es ist die Walzen- oder Kamelspinne, deren Biss zwar nicht giftig aber schmerzhaft ist und zu schweren Entzündungsreaktionen führen kann. Kleine Echsen springen durchs Gebüsch und hangeln sich behände von Ast zu Ast, wie Äffchen. Ich ziehe nun wohl doch besser öfter mal feste Schuhe an. Spätestens seit ich gelesen habe, dass hier gerade auch die Schlangen eher nachtaktiv sind – tagsüber ist es ihnen tatsächlich zu heiß –  bin ich etwas beunruhigt. Trotzdem begeben wir uns auch gerade nachts, zwischen stacheligen Büschen und Bäumen, auf eine kleine Minisafari und beobachten fasziniert, was hier alles so kreucht und fleucht.

Frau Scherer, vom Ben Amira aus gesehen

Sogar ein kleines Dramolett mit Tieren, in 5 Akten, wird uns geboten:

Ben Amira: Wir finden, er ist zu steil und zu glatt

1. Akt: Am Morgen versuchen wir, den Ben Amira zu erklimmen. Dies ist einzig auf der Südseite möglich. Eine arge Kraxelei über große Felsen und Geröllbrocken steht uns bevor. Ich gebe nach etwa einem Drittel der Strecke auf und Heppo ungefähr nach der Hälfte. Der blanke Fels wird zu steil und zu glatt zum Weitergehen. Wir legen uns stattdessen lieber in die Hängematte.

Seltenes Bild: Heppo in der Hängematte

2. Akt: Die Ziegen scheint aber das unwegsame Terrain geradezu zu reizen. Sehr zum Leidwesen des Hütehundes, der verzweifelt der immer höher und höher hinauf steigenden Herde hinterher bellt. Er hat ein Problem: Alleine, ohne sie, kann er unmöglich zum Dorf zurückkehren.

Exemplarische mauretanische Ziege

3. Akt: Die Ziegenbesitzer bemerken am Abend den Verlust ihrer Tiere. Eine ältere, dicke Frau und ein betagter, dünner Mann kommen zum Berg. Nach einigem Suchen erspähen sie die Ziegen in der steilen Bergflanke. Die Frau schimpft und lamentiert. Der Mann lümmelt auf der Motorhaube des Landrovers und zuckt mit den Schultern. Die Ziegen reagieren ungerührt. Sie steigen noch weiter den Berg hinauf. Das Paar fährt davon.

4. Akt: Die Frau kehrt zurück mit einer größeren Delegation. Sie hat die jüngeren Brüder mitgebracht oder ihre Söhne, außerdem einen großen Sack Futter mit dem sie raschelt und einen Topf, auf dem sie herumklappert. Sie schimpft noch mehr und verdammt den Tag, an dem sie sich diese „verdammten Ziegen” angeschafft hat. (Das verstehen wir zwar nicht, wird sinngemäß aber absolut klar!). Die Ziegen zeigen ihr den (symbolischen) Stinkefinger und steigen noch etwas weiter auf.
Der Hund schleicht mit gesenktem Kopf und eingezogenem Schwanz hinter uns durch die Szenerie.
Nun wird der letzte Trumpf gezogen: Die jungen Brüder oder Söhne müssen ausrücken. In Windeseile erklimmen sie den Berg und passieren dabei ohne Probleme auch die Stellen, an denen wir jeweils kapitulierten. Wohlgemerkt: Sie machen das in Flipflops. Von zwei Seiten nähern sie sich nun den widerspenstigen Tieren. Fast sieht es so aus, als ob die Ziegen nun klein beigeben würden. Aber diese Punks unter den Tieren haben nun einmal ihren eigenen Kopf. Über eine absolut unpassierbar aussehende Felsrinne steigen sie schräg noch weiter in den Berg auf und sind bald darauf verschwunden. Die Nacht bricht an,  die Familie zieht unverrichteter Dinge wieder ab. Die deutschen Zuschauer haben ein schlechtes Gewissen, weil sie das ganze Spektakel gemütlich aus der Hängematte beobachten.

5. Akt: Die Familie scheint kapituliert zu haben. Motto: „Sollen diese doofen Viecher doch Bergziegen bleiben. Uns doch egal!“ Doch dann, ganz plötzlich und unerwartet, ein luftig- leichter Ausgang des Dramoletts: Am nächsten Abend steigen die Tiere ganz von selbst den Berg hinab. Der Hund tritt auf – freudig und selbstbewusst mit dem Schwanz wedelnd. Endlich kann er zurück nach Hause. Fahndungserfolg! Happy end!

Perfekt getarnt, der sogenannte Fransenfinger

 

Nicht jugendfrei: Ben Amira & Ben Aischa

Warnung: Achtung, der folgende Bericht ist nicht jugendfrei.
Unter 18 Jahren: Nicht weiterlesen!

Ben Amira – der drittgrößte Monolith der Welt.

Es gibt einfach Plätze, die magisch sind und heilig. Eine tiefe, vibrierende Energie ist dort zu spüren und etwas Altes, Urzeitliches, etwas, das größer ist als wir. Etwas, was die Menschen schon immer angezogen haben muss…

Mitten in der Wüste Mautretaniens befindet sich mit 633 Metern der drittgrößte Monolith der Erde, nach dem Mont Augustus und Ayers Rock, beide in Australien. Ben Amira heißt der beeindruckende anthrazitfarbene Felsen. Eine Legende besagt, das Bena Amira einst eine sehr schöne Frau hatte. Sie hieß Aischa. Mit ihr bekam er zwei Söhne. Um Geld zu verdienen zog Ben Amira mit diesen in den Süden des Landes. Als er jedoch wieder nach Hause zurückkehrte, hatte seine Gemahlin einen Geliebten namens Veleklek. Ben Amira war natürlich sehr wütend und gab dem Nebenbuhler einen gewaltigen Kopfstoß, so dass dieser gut 50 Kilometer weit davonflog. Seine untreue Gefährtin ließ er zusammen mit ihrem Dienstmädchen zurück. Er hingegen zog mit seinen Söhnen etwa 7 Kilometer weiter und ließ sich dort nieder

Sogar in der Wüste blüht es: Senna holosericea, aus der Familie der Fabaceae (Hülsenfrüchtler)

Um zum Monolithen zu gelangen, müssen wir auf die andere Seite der Bahngleise wechseln. Mir bereitet das etwas Sorgen, ist doch in älteren Reiseführern zu lesen, dass das Gelände dort vermint sei. Allerdings wird in neueren Reiseführern nichts dergleichen erwähnt. Wir halten uns für alle Fälle peinlich genau an den aufgezeichneten GPS-Track der Lila Pistenkuh.
Am Ben Amira, in dessen Schatten sich tatsächlich eine zaghafte Vegetation aus Tamariskenbäumen und einer gelbblühenden Pflanze mit erbsenähnlichen Hülsenfrüchten angesiedelt hat, ist es  ganz bezaubernd. Zahlreiche Schmetterlinge flattern herum.

Schmetterlinge in der Wüste – an den Blüten einer Dornakazie

Leider stürzt sich aber sofort ein Mauretanier auf uns. Er arbeitet hier auf der Nordseite des Berges in einem Touristencamp. Mangels anderer Reisender fallen nun wir seinen Belagerungs- und Bettelversuchen zum Opfer. Schnell flüchten wir und fahren weiter zur verbannten Ehefrau. Einen wunderschönen Platz finden wir dort vor. 1999 und 2000 fand am Fuße der Aischa ein internationales Bildhauersymposium statt. Künstler aus aller Welt haben am Berg mehr oder weniger gute Skulpturen zum Thema Frieden hinterlassen. Einige von Ihnen sind aber doch sehr schön, auch wenn der Zahn der Zeit bereits einige Kunstwerke zerstört hat. Noch viel faszinierender ist jedoch, was die Natur geschaffen hat. Bei einem Spaziergang rund um den Berg, zeigen sich uns bizarre Felsformationen, die aussehen wie Stuhlgruppen, Elefanten und Raumschiffe. Überall huschen Eidechsen und Dornschwanzagamen davon. Ein fantastischer Ort ist das.

Kunst an der Aischa

Als wir noch ein Stückchen weiter gehen, brechen sowohl Heppo als auch ich in schallendes Gelächter aus. Jetzt verstehen wir!  So erklärt sich also die Geschichte von der untreuen Ehefrau: Die Westseite des Berges zeigt sich schamlos. Wie eine Frau mit weit gespreizten Beinen liegt sie da, bereit für alle Blicke und ihre(n) Liebhaber. Auch mit wenig Phantasie ist im Berg überdeutlich ein weibliches Geschlechtsteil erkennen.

Schamloser Berg!

Magisch angezogen von all der Weiblichkeit beginnt Heppo, über loses Geröll und große Felsbrocken auf den Spalt zuzuklettern. Bald verschwindet er im Riss im Gestein und taucht nicht mehr auf. Ich habe Angst, dass er nicht mehr zurückkehren wird, dass er vielleicht dem Bann der Aischa erliegen wird. Doch dann erspähe ich ihn wieder. Seinen Oberkörper hat er entblößt. Von ganz oben winkt er herab und gestikuliert. Ein Foto soll ich doch von ihm und der Sittenlosen machen. Mein Objektiv überschätzt er zwar damit gewaltig, doch tue ich ihm den Gefallen, meinem Mann, der bald darauf atemlos zurückkehrt. „Wie ein Jungbrunnen, diese Aischa!“, sagt er, weil er genau weiß, dass er mich damit ärgern kann. Dann knufft er mich und fügt schnell hinzu, bevor ich sauer werden kann: „Nur Spaß!“

Und ich schlage mir alle Bedenken schnell wieder aus dem Kopf. Wer wird denn eifersüchtig auf einen Berg sein?

Suchbild mit Heppo